Kapitel 13: Wenn junge Witwen daten – das Leben danach
Als junge Witwe spürt man oft einen gewissen Respektsabstand, wenn es um das Thema Dating geht. Es scheint ein Tabuthema zu sein in unserer Gesellschaft. Darf die das? Wird ein neuer Partner mit dem Verstorbenen verglichen? Ab wann ist es ok, zu daten? Was denken die anderen?
Wenn es um das Thema Dating geht, tauchen viele Fragen auf, auch im Kopf der Witwe oder des Witwers. Man befindet sich in einer besonderen Situation, man ist nicht Single, man ist auch nicht getrennt. Man hat vielleicht seinen Traumpartner schon gefunden und ihn auf tragische Weise verloren. Man ist in Trauer.
Um sich selbst zu schützen, wird bei neuen Bekanntschaften vielleicht erst einmal gar nicht erwähnt, dass man verwitwet ist. Oft aus der Angst heraus, dass dies für andere Menschen zu kompliziert sei und dass sich diese zurückziehen würden beziehungsweise, dass man auf Unverständnis trifft. Das Thema anzusprechen verunsichert viele Verwitwete. Legt man dann mal die Karten offen auf den Tisch, passiert es immer wieder, dass das Gegenüber plötzlich ghostet oder sich anderwärtig verschließt. Das tut in in so einer Situation natürlich besonders weh, vor allem, weil man sich ja bewusst ist, dass man selbst in der Lage ist, glückliche Beziehungen zu führen und dass man keinen „Beziehungsschaden“ hat.
Es taucht auch immer wieder die Frage auf, ab welchem Zeitpunkt es in Ordnung ist, sich wieder einer neuen Partnerschaft zu öffnen. Dafür gibt es aber, wie für die meisten Fragen zum Thema Trauer, keine richtige Antwort. Ich persönlich kenne Witwen und Witwer, die bereits nach wenigen Monaten wieder in glückliche, dauerhafte Beziehungen getreten sind, ich kenne welche, die es nach ein bis zwei Jahren wieder gewagt haben, sich zu öffnen (das war der Großteil) und ich kenne Verwitwete, die nie wieder eine Partnerschaft haben wollen. Egal, wie es von außen gesehen wird, der Verwitwete spürt es von selbst, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Dies ist einfach zu respektieren und ohne Vorurteile anzunehmen.
Viele neue Partner fragen sich natürlich auch, wie sie es schaffen können, mit einem toten Partner, der vielleicht auf ein Podest gestellt wurde, zu konkurrieren. Die Antwort ist: das kann man nicht. Aber mal ganz ehrlich – jeder von uns hatte schon Beziehungen, einige besser, einige schlechter und jeder kennt auch die Situationen, in denen ein Ex-Partner, von dem man vielleicht abserviert wurde, auf ein Podest gestellt wurde. Würden Sie sich zutrauen, trotzdem in eine neue Partnerschaft zu gehen? Eben!
Hierbei möchte ich auch eine liebe Bekannte von mir zitieren, ebenfalls Witwe, die neuen potentiellen Partnern auf die Frage immer wieder geantwortet hat „Stell es dir vor wie Polyamorie mit einem Toten!“ – ihr Humor und ihre Selbstironie bewundere ich sehr und ich muss sagen, bei all der Schwere der Thematik dürfen wir nie den Humor verlieren!
Sind Witwen oder Witwer eigentlich komplizierter in Beziehungen als Menschen ohne diese Erfahrung? In Internetforen liest man gerne, dass Verwitwete irgendwie kompliziert seien. Auch auf diversen Partner-Such-Börsen gibt es oft lange Diskussionsrunden darüber, wie Verwitwete denn so seien und wie nicht. Auch hier finde ich, man kann nicht alle in einen Topf werfen, denn jede Geschichte ist einzigartig, so wie jeder Mensch, der dahinter steckt und ich empfinde Diskussionen darüber und Vorurteile mehr als müßig.
Klar ist, es ist eine besondere Situation, den Lebenspartner, mit dem man gerne alt geworden wäre, verloren zu haben. Viele haben ja tatsächlich den Menschen verloren, mit dem sie alt werden wollten und mit dem sie ihre ganze Zukunft geplant hatten. Manche haben ihren geliebten Partner auch bis zum Tod gepflegt und somit noch einmal eine viel intensivere Beziehung mit ihm erlebt, als es in vielen klassischen Beziehungen üblich ist. Klar vermittelt es Angst, dass man damit nicht mithalten könnte. Klar braucht man noch ein kleines Stückchen mehr Mut, mit einem Witwer oder eine Witwe eine Partnerschaft zu führen. Aber ganz ehrlich: Witwer und Witwen sind keine Zombies. Sie sind ganz normale Menschen mit ganz normalen Bedürfnissen und dazu gehört in den meisten Fällen auch eine ganz normale Partnerschaft mit den üblichen ups und downs. Vertrauen Sie lieber darauf, dass Sie vielleicht jemanden vor sich haben, der noch wenige schlechte Erfahrungen in Partnerschaften erleben musste, der weiß, wie es ist zusammenzuhalten und nicht gleich die Flinte ins Korn zu schmeißen, der weiß, dass eine Partnerschaft einem oft viel abverlangen kann und der weiß, wie Partnerschaften prinzipiell funktionieren können. Na, hab ich die Werbetrommel gut gerührt? 😉
Zusatzthema: Der Witwentröster
Man kennt sie aus Liebesromanen und es gibt sie im echten Leben wohl genau so häufig wie den „Kur-Schatten“ – die Witwentröster.
Gerade junge Witwen erleben es häufig, dass sich in der Zeit der Trauer plötzlich wildfremde Männer annähern, die einen mit ihrer großen Portion an Hilfsbereitschaft und emotionaler Offenheit „erhaschen“ zu suchen. Sie sind meistens älter als man selbst, kommen wie die Geister aus dem Nichts, schreiben einen über Soziale Medien an, obwohl man sie nicht „geaddet“ hat oder begegnen einem im normalen Leben immer wie zufällig. Man erkennt sie daran, dass sie sich super sensibel und einfühlsam präsentieren, überdurchschnittlich hilfreich sind und großes Interesse vorgeben. Im eigenen Interesse möchte ich Trauernden den Rat geben, solche Witwentröster schnell in den Wind zu schießen, auch wenn man vielleicht einsam ist und gerade auf einen sensiblen Mann hofft. Zu schnell hat man besitzergreifende Energie-Vampire an der Backe, die man danach nur noch mit größter Not los wird. Denkt immer daran, liebe Trauernden, wie es war, als ihr euren Partner kennen gelernt habt. Man spürt schon, wenn es der Richtige ist! Habt Geduld! Ihr bleibt nicht ewig alleine, wenn ihr das nicht wollt.